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KI-Implementierung: Den Wandel menschenzentriert gestalten

Die Einführung von KI in NPO erfordert einen menschenzentrierten Change-Management-Ansatz. Oft fehlt eine Digitalstrategie, während Datenschutzbedenken und Unsicherheiten bestehen. Erfolgreiche KI-Implementierung braucht Mitarbeitereinbindung, transparente Kommunikation, Kompetenzentwicklung und eine durchdachte Datenstrategie. Ein iterativer Prozess sichert Akzeptanz. Der Artikel beschreibt sechs Handlungsfelder aus einem KMU-Leitfaden, adaptiert für NPO. Er beleuchtet bewusst nur die Sicht der Mitarbeitenden – Mitglieder und Freiwillige bleiben hierbei außen vor.

NPO sind über ihre Sachzweckorientierung eng mit ihrem Umfeld verbunden und somit einem ständigen Wandel ausgesetzt. Grund hierfür sind oftmals vielfältige Beziehungen zu unterschiedlichen Austauschgruppen. Wandel ist demnach für NPO nichts Ungewöhnliches. Als offene und umweltabhängige Systeme müssen sie grundsätzlich in einem hohen Masse anpassungsfähig sein, um ihre Mission im Sinne ihrer Mitglieder erfüllen zu können.

KI in aller Munde

In den letzten Monaten haben sie die verschiedenen neuen Möglichkeiten spielerisch erkundet und treten nun nach und nach in die nächste Phase ein: Erste Organisationen sammeln praktische Erfahrungen mit eigens eingerichteten Agenten oder Chat-Bots. Was anfänglich nur als Zukunftsmusik angeklungen ist, z.B. der Einsatz von KI, um wertvolle Personalressourcen für anspruchsvollere Aufgaben einzusetzen, wird nun immer konkreter und greifbarer. 

KI-Technologie trifft auf die „Baustelle Digitalisierung“ – es fehlt oft an einer (Digital-) Strategie

Der VM-Artikel „Digitalisierung in grossen NPO – Befunde aus der Praxis von“ von Dr. Christian Horak und Josef Baumüller aus 2018, fasst u.a. die Ergebnisse einer im Jahr 2017 durchgeführten Studie des Österreichischen Controller-Institut (ÖCI) zusammen (1). Das Ergebnis: 38 % der befragten Organisationen gaben an, keine verschriftlichte Strategie zu verfolgen. Hinweise, dass sich aktuell nicht viel verändert hat, liefert eine nicht repräsentative Meinungsumfrage unter NPO, die vor kurzem im Rahmen des Netzwerkanlasses von VMI und B’VM durchgeführt wurde. Weniger als die Hälfte gaben an, eine Digitalstrategie oder Technologie-Teams in ihrer NPO zu haben. Noch schlechter waren die Ergebnisse in Bezug auf ein spezifisches Budget.  

Die KI-Technologie trifft den Dritten Sektor damit
an einem „wunden Punkt“.

Change? Change!! Der menschenzentrierte Ansatz

Um die Arbeitswelt und Wertschöpfungssysteme durch den Einsatz von KI und Maschinellem Lernen positiv zu verändern, ist eine gründliche Vorbereitung der jeweiligen Organisation entscheidend. Nur wenn die nachfolgenden Voraussetzungen gewährleistet sind, können die Potenziale von KI vollständig ausgeschöpft werden. Das deutsche Fraunhofer IAO und das kooperierende IAT der Universität Stuttgart haben im Rahmen des Projekts „KI-ULTRA“ gemeinsam mit 30 Unternehmen einen Leitfaden (2) erarbeitet und Ende 2023 veröffentlicht. Ziel ist es, Unternehmen bei der Einführung und Transformation von KI zu unterstützen.

Der vorliegende Artikel geht an dieser Stelle auf einzelne Bestandteile des Leitfadens ein und adaptiert die Ergebnisse für den NPO-Sektor.

Der Leitfaden zu Strategie und Wandel für den KI-Einsatz (Menschenzentrierte Erschliessung der Potenziale Künstlicher Intelligenz)

Der Leitfaden behandelt folgende sechs Handlungsfelder:

1. Betriebliche KI-Strategie
2. Menschenzentrierte Gestaltung von Veränderungen
3. Strategien der Arbeitsgestaltung
4. Soziale Rahmenbedingungen
5. Kompetenzentwicklung und Lernen
6. Datenstrategie und Technologietransition

Zu 1. Betriebliche KI-Strategie

Sinnvoll ist die Erarbeitung einer KI-Strategie oder die Einarbeitung als Teilbereich einer digitalen Transformationsstrategie. Hierfür braucht es eine klare Vorstellung im jeweiligen Leitungsgremium über Richtung und Zielsetzung. Die Erarbeitung der Strategie sollte in einem partizipativen Prozess mit den relevanten Mitarbeitenden und unter Einbezug der Entscheidungsträger bzw. wichtiger Stakeholder erfolgen.  

Hilfreiche Fragen:

  • Welche Ziele wollen wir durch den Einsatz von KI-Technologie erreichen?
  • Welche strategischen Ziele können durch den Einsatz von KI-Technologie erreicht werden?
  • Wo sehen wir das grösste Verbesserungspotenzial?

Zu 2. Menschenzentrierte Gestaltung von Veränderung

Selbst schon bei kleineren Pilotprojekten ist es wichtig, die Mitarbeitenden von Anfang an einzubeziehen. Die Auswahl der richtigen Personen ist für den späteren Erfolg essenziell.

Der menschenzentrierte Ansatz gewährleistet eine maximale Partizipation, die bestmögliche Nutzung von Kreativität und Knowhow und ermöglicht so eine Akzeptanz des Arbeitsergebnisses. Indem Betroffene zu Beteiligten gemacht werden, werden sie zu Sach- oder Sozialpromotoren, die für den weiteren Prozess eine wichtige Rolle in der NPO übernehmen.

Hilfreiche Fragen:

  • Welche Mitarbeitenden gehören in die initiale Kerngruppe?
  • Wurde ein Entwicklungsziel definiert, das die Potenziale des Zusammenwirkens von Mensch und KI würdigt?
  • Welche Formate und Gefässe bieten sich an, um intern über das Thema KI zu informieren? Haben wir agile Beteiligungsformate? Wie stellen wir eine kontinuierliche Kommunikation über die Arbeitsergebnisse an die Mitarbeitenden sicher?

Zu 3. Strategien der Arbeitsgestaltung

Die menschenzentrierte Arbeitsgestaltung bringt menschliche Leistungs- und technische Funktionspotenziale zusammen. Die Prozesse müssen für die Mitarbeitenden nachvollziehbar sein, damit die Technologie eine Akzeptanz erfährt. Grundlage hierfür ist, dass der neue Prozessablauf von den Mitarbeitenden als verständlich, einfach durchführbar und sinnvoll erlebt wird. Zentral ist hierbei auch die Minimierung von Sicherheitsrisiken im Bereich des Arbeitsschutzes und der Schutz von personenbezogenen oder sensiblen Daten (Datenschutz).

Hilfreiche Fragen:

  • Welche Aufgaben können zuverlässig vom Menschen übernommen werden? Wie wirkt sich eine Automatisierung durch KI auf die menschliche Erfahrungsmöglichkeit, auf die Tätigkeitsvielfalt und die Motivation der arbeitenden Menschen aus?
  • Welche Datensätze sollen für die Entwicklung bzw. das Training der KI genutzt werden?
  • Wie werden Mitbestimmungsrechte hinsichtlich des Schutzes personenbezogener Daten wahrgenommen?

Zu 4. Soziale Rahmenbedingungen

Die Organisationskultur prägt die Wahrnehmung, das Denken, die Empfindungen und letztlich das Handeln der Mitarbeitenden.  Besonders wichtig ist die Etablierung einer gesunden Vertrauens-, Kooperations-, Innovations- und Fehlerkultur. Hierzu gehört auch, dass Mitarbeitende in ihrer Entscheidungskompetenz gestärkt werden und dass eine Führungskultur besteht, die Freiräume für Innovation und Kreativität schafft. Eine Kultur des Wandels ist anzustreben.

Hilfreiche Fragen:

  • Welche Organisationskultur herrscht bei uns vor? Befinden wir uns schon in einer Kultur, die Wandel fördert? Wenn nein, was fehlt uns noch?
  • Auf welchen Werten basiert unsere Organisationskultur? Sind diese Werte noch aktuell und werden sie von den Mitarbeitenden mitgetragen?
  • Welche Rolle spielen dabei die Führungskräfte?

Zu 5. Kompetenzentwicklung und Lernen

Der professionelle Einsatz von und der Umgang mit KI-Technologien sind ohne die notwendigen Kompetenzen nicht möglich. Mit Hilfe von geeigneten Fort- und Weiterbildungsmassnahmen werden diese gezielt aufgebaut. Für Pilotprojekte kann es dennoch in einem ersten Schritt ausreichen, Mitarbeitende mit einer gewissen KI-Affinität einzusetzen und ihnen ggf. externe Unterstützung anzubieten.

Hilfreiche Fragen:

  • Welches KI-Wissen ist notwendig, damit sich insbesondere betroffene Mitarbeitende an der KI-Einführung aktiv beteiligen können?
  • Welche Mitarbeitenden verfügen bereits vor dem Start des Einführungsprojekts über KI-Awareness und können diese als Sachpromotor an andere Mitarbeitende vermitteln?

Zu 6. Datenstrategie und Technologietransition

Es muss grundsätzlich sichergestellt sein, dass Daten rechtskonform genutzt werden (Datenschutzbeauftragte). Ebenfalls zu beachten sind Vertraulichkeitsvereinbarungen mit Dritten, die Wahrung von Geschäftsgeheimnissen oder die Einhaltung des besonderen Schutzniveaus von z.B. Gesundheitsdaten.

Um KI-Technologie überhaupt nutzen zu können, muss die Organisation über die geeignete technische Infrastruktur verfügen. Ziel sollte hierbei eine durchgängige Infrastruktur statt einzelne Silo-Lösungen sein. Eine geeignete Datenstruktur (Stichwort Metadaten) ist dabei unabdingbar

Hilfreiche Fragen:

  • Welche Datenbestände sind für eine und profitable KI-Anwendung unabdingbar?
  • Unterliegen Daten Vertraulichkeitsvereinbarungen mit Dritten oder sind sie sogar als Geschäftsgeheimnisse aktiv zu schützen?

Zusammenfassende Gestaltungsansätze für das Change-Management zur Einführung von KI

Frühzeitige Einbeziehung der Mitarbeitenden und iterative Vorgehensweise: Kontinuierliche Anpassung der Ziele, konstanter Austausch mit Stakeholdern, Präsentation der Zwischenergebnisse, flexible Abläufe, laufender Erkenntnisgewinn. Schulungen und Weiterbildungen sind entscheidend, um Ängste abzubauen und die Akzeptanz für die neuen Technologie zu fördern.

Klare Kommunikation und Transparenz: Eine offene und transparente Kommunikation seitens des Managements über die Ziele, Chancen und Risiken der KI-Einführung ist unerlässlich. Dies hilft Unsicherheiten zu reduzieren und das Vertrauen der Mitarbeitenden zu stärken.

Ängste und Bedenken der Mitarbeitenden ernst nehmen und darauf eingehen: Change-Prozesse unterliegen dem 7-Phasen-Modell des Change-Managements (emotionale Phasen, die Menschen während eines Veränderungsprozesses durchlaufen können). Darauf sollten Führungskräfte vorbereitet sein.

Agile Methoden und Flexibilität: Es ist wichtig, agile Methoden und eine flexible Organisationsstruktur zu etablieren. Dies ermöglicht es NPO, schnell auf neue Entwicklungen zu reagieren und ihre Strategien anzupassen.

Fazit

NPO sind aufgrund ihrer Sachzweckorientierung und ihres starken Wertekompasses eng mit der organisationalen Identität sowie der Identität ihrer Mitglieder verbunden. So tiefgreifende Veränderungen wie sie die KI-Technologie auslösen kann, verstärkt die bereits vorhandene Tendenz zur Bewahrung des Bekannten. Umso wichtiger ist ein gut vorbereiteter und iterativ gestalteter Change-Prozess, der Raum für Entwicklung gibt, Fehler zulässt und die Mitarbeitenden der NPO mit ihren fachspezifischen Fähigkeiten und Kenntnissen wertschätzend ins Zentrum stellt.

Wenn Sie sich zum Thema KI und Change mit uns austauschen möchten, sprechen Sie uns gerne an!

Dieser Artikel ist erschienen im VM Fachzeitschrift für Verbands- und Nonprofit-Management, Ausgabe 01/25, Titel: KI in NPO Fachzeitschrift für Verbands- und Nonprofit-Management (VM) | VMI | Verbandsmanagement Institut

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