Konflikte sind unbeliebt, aber sie gehören in Verbänden, Kammern oder Stiftungen zum Alltag. Sie sind in erster Linie Zeichen für eine lebendige, sich entwickelnde Organisation. Konflikte sind daher immer auch Chancen, die ergriffen werden können.
Wo Menschen mit unterschiedlichen Erwartungen und Bedürfnissen zusammenkommen sind Konflikte nicht weit. Dies gilt ganz besonders für Verbände, in denen Mitglieder auf unterschiedlichen Wegen ihre Wünsche in die Arbeitsprozesse einfließen lassen können. Konflikte haben es als soziale Prozesse besonders leicht, sich zu entwickeln und schlimmsten Falls ganze Organisationen in Beschlag zu nehmen.
Typische Konflikte in Verbänden, Vereinen, Kammer und Stiftungen sind:
- Teamkonflikte – Spannungen zwischen Mitarbeitenden, z. B. aufgrund von Rollenunklarheiten, Missverständnissen oder Kommunikationsstilen
- Führungskonflikte – Auseinandersetzungen zwischen Führungskräften oder zwischen Führung und Mitarbeitenden, in Vereinen und Verbänden oft an der Schnittstelle von Angestellten und Ehrenamt.
- Konflikte zwischen Abteilungen – etwa bei Abstimmungsproblemen, Ressourcenkonflikten oder unklaren Verantwortlichkeiten
- Konflikte im Rahmen von Veränderungsprozessen – z. B. bei Reorganisation, Fusionen oder Kulturwandel
- Konflikte mit externen Partnern – Lieferanten, Kunden oder Kooperationspartnern
In vielen Fällen sind wir aufgrund existierender sozialer Normen und bewährter Praxis mehr oder weniger gut in der Lage, mit Konflikten umzugehen. Aber es gelingt nicht immer.
Verbände, Vereine, Kammern und Stiftungen haben ihre spezifischen Mechanismen, um mit Konflikten umzugehen, und in vielen Fällen wirken sie auch. Wenn Konflikte sich verstetigen, verhärten und beginnen, die Handlungsfähigkeit zu beinträchtigen kann es sinnvoll sein, Hilfe von Außen einzubeziehen. Mediation ist eine gute und in der Praxis erprobte Möglichkeit, wenn die Konfliktparteien noch an einem konstruktiven Umgang interessiert sind.
Mediation ist immer dann sinnvoll, wenn sich die Beteiligten in Konflikten im Kreis drehen und kooperativen Umgang nicht aus eigener Kraft wiederherstellen können.
Mediation – kurz erklärt
Mediation ist ein gesetzlich geregeltes Verfahren zur Klärung und Lösung von Konflikten. Mediation ist ein freiwilliges, strukturiertes Verfahren zur Klärung und Beilegung von Konflikten. Die Beteiligten erarbeiten mit Unterstützung eines neutralen Dritten – des Mediators – eigenverantwortlich eine Lösung, die für alle tragfähig ist. Der Fokus liegt nicht auf rechtlichen Positionen, sondern auf Interessen, Bedürfnissen und zukünftigen Arbeitsbeziehungen. Die Grundprinzipien der Mediation sind:
- Eigenverantwortung der Parteien
- Neutralität und Unabhängigkeit des Mediators / der Mediatorin
- Freiwilligkeit
- Vertraulichkeit
Im Unterschied zu anderen Verfahren der Konfliktbearbeitung oder Verhandlung werden im Mediationsverfahren neben der Sach- auch die Beziehungsebene bearbeitet. Ziel ist es, aus dem festgefahrenen Konflikt wieder in einen kooperativen Modus der Zusammenarbeit zu kommen, der aus Sicht der beteiligten Parteien nachhaltig ist. Mediation sucht nicht den kleinsten gemeinsamen Nenner, sondern eine Lösung, die beiden Seiten gerecht wird. Damit das gelingt, braucht es mehr als Argumente: Es braucht Dialog, Empathie und einen geschützten Rahmen mit professioneller Begleitung – genau das bietet die Mediation.
Mediation ist ein lösungsorientiertes Verfahren
Für die Klärung von Konflikten gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Konfliktparteien wollen sich in der Regel mit ihren Interessen durchsetzen und Recht behalten. Ziel der Mediation ist es, die Konfliktparteien wieder zu Kooperation zu befähigen. Das Zauberwort in der Mediation ist “win-win”.
Mediation ist keine Beratung, dies ergibt sich aus der Neutralität und Unabhängigkeit des Mediators oder der Mediatorin (im Fachjargon der Mediator:innen auch “Allparteilichkeit” genannt). Die Konfliktparteien sind verantwortlich für das Entwickeln von Lösungsvorschlägen.
Mediatoren sind nach §4 des Mediationsgesetzes zur Verschwiegenheit verpflichtet. Dies schützt das Verfahren und gibt die Möglichkeit, auch sehr sensible Themen in Mediationsverfahren in den Blick zu nehmen und gleichzeitig die Interessen der Beteiligten zu schützen.
Fazit: Die Mediation hat sich zu einem etablierten, gesetzlich geregelten Verfahren in Deutschland entwickelt, das auf Dialog, Eigenverantwortung und nachhaltige Lösungen setzt. Ein großer Vorteile ist der zeitliche Aspekt. Ein typisches Mediationsverfahren erfordert 3 oder 4 Termine, es lässt sich aber auch im Rahmen eines Tages erfolgreich durchführen.
Grundlagen der heutigen Mediation
Die Grundidee der Mediation ist alt, Beispiele für Vermittlungsverfahren reichen weit in die Geschickt zurück. Die heutige Mediation hat sich in den 1950er und 1960er Jahren in den USA entwickelt. Verbreitung fand es aufgrund der Überlastung von Gerichten und dem Wunsch nach kostengünstigeren und weniger konfrontativen Verfahren sowie der Suche nach nachhaltigen Lösungen für Konflikte. In den 1970er Jahren fand Mediation auch Eingang in die deutsche Praxis, zunächst vor allem in der Bearbeitung von Konflikten in Familien. Seit 2012 ist das Mediationsverfahren, die Ausbildung sowie kontinuierliche Fortbildung auch in Deutschland gesetzlich geregelt.
In fachlicher Hinsicht haben wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Konfliktforschung, der Kommunikationspsychologie und der Sozialpsychologie das Verfahren und verschiedene Techniken für Interventionen im Konflikt beeinflusst. Beispiele sind Konstruktivismus, die neun Eskalationsstufen von Konflikten, das Eisberg-Modell, die Gewaltfreie Kommunikation, das Harvard-Konzept, das 4-Ohren-Modell, das Wertequadrat oder das Johari-Fenster.
Die Grenzen von Mediation
Grenzen findet das Mediationsverfahren bei fehlendem Verhandlungsspielraum der Parteien, Desinteresse an konstruktiven Lösungen oder bei starkem Machtgefälle. Ungeeignet sind Mediationsverfahren auch, wenn beteiligte Personen ihre Selbstverantwortung nicht wahrnehmen können. Mediationsverfahren sind auch dann nicht geeignet, wenn Verhaltensweisen von Beteiligten therapeutische oder ärztliche Begleitung erfordern.